Bauen mit Familiensinn
An der Zürcher Nordstrasse haben die Brüder Lucas, Andreas und Nicolas Schwarz ein Familienprojekt verwirklicht, in dem sie die elterliche Tradition von Wohnen und Gastlichkeit weiterführen. Ein Gespräch mit Lucas Schwarz, Architekt und Mitinhaber, über eine Liegenschaft, die weiterhin Geschichte schreiben wird.
Interview: Stephanie Ringel; Fotos: Simon Habegger, Nicolas Schwarz (Aufnahme Leuchter), Baugeschichtliches Archiv Zürich (Aufnahme ursprüngliches MFH).
In einem kleinen Mehrfamilienhaus an der Nordstrasse 180 befand sich das «tre fratelli», ein beliebtes Restaurant, bekannt für italienische Küche und den grossen Garten. Ihre Eltern Liz und Fritz Schwarz haben 1975 mit dem Kauf der Liegenschaft den Grundstein für eine Idee legen können, die bis heute gilt: Bauen, Einrichten und Leben zeitgemäss zusammenzubringen. Wie erinnern Sie sich an die Anfänge?
Lucas Schwarz: Das Haus gehörte einer entfernten Verwandten aus Grindelwald. Der Traum meiner Eltern war, ein Restaurant zu betreiben und neben ihrer Begeisterung für modernes Design und guter Architektur auch Gastlichkeit auszuleben. Weil es der Inhaberin der Liegenschaft wichtig war, dass das Restaurant weitergeführt wird, hat sie meinen Eltern Haus und Lokal verkauft. Sie hatten damit plötzlich die Gelegenheit, kulinarische Italianità nach Zürich zu bringen.
Was hat Ihre Eltern begeistert?
Vorbild war die Einrichtung der italienischen Trattorien – mit Brusttäfer, Gemälden, weissen Tischtüchern und Servietten aus Stoff, Baguette-Besteck und dicken Keramiktellern von Ginori. Meine Mutter hat immer gesagt: Man muss grosse Spiegel aufhängen, dass die Menschen ganz diskret nach oben schauen und ihr Umfeld sehen können, ohne den Kopf umzudrehen. Das war eine ganz neue Restaurantkultur für Zürich. Statt Quartierbeiz gab es plötzlich internationales Flair für die lokale Kreativszene.
Wie viel vom alten Geist übertragen Sie
in den Neubau?
Uns bleibt der soziale Aspekt wichtig: Das neue Haus ist wieder ein Familienprojekt und es wird ein Ort sein zum Wohnen und Geniessen. 27 Mietwohnungen zwischen
1½ und 4½ Zimmern, der grösste Grundriss hat 108 m2. Es gibt einen Gemeinschaftsraum, einen Garten mit Hochbeeten und eine Dachterrasse für alle. Wir haben ein zentrales Treppenhaus geplant, damit sich die Bewohner:innen im Flur begegnen. Da wir die Erstvermietung selber machen, können wir einen guten Mieter-Mix für ein Mehrgenerationenhaus zusammenstellen.
Wie haben Sie zu dritt kreativ im Projekt zusammengearbeitet?
Wir haben unsere Stärken und ergänzen uns gut. Zusammen besuchten wir Showrooms und wählten die Materialien. Es soll ein Gesamtwerk sein, das lange Bestand haben wird. Wir achten auf qualitativ gute Architektur mit hochwertigem Ausbau.
Auffälliges Merkmal ist die Fassade. Wieso Keramikplatten?
Gegensätze müssen ausgearbeitet werden, damit Spannung entstehen kann. Das gilt für innen und für aussen. Die Architektur des Hauses ist grundsätzlich zurückhaltend. Mir gefällt jedoch ein architektonisches Prinzip aus dem 19. Jahrhundert – die repräsentative Fassade. Wir gestalten mit jadegrünen Spitzprofilen, auf denen es ein Lichtspiel geben wird. Das bringt eine schöne Lebendigkeit.
Die Liegenschaft ist nach GEAK A zertifiziert. Sie hat eine gute Dämmung, eine eigene Photovoltaikanlage und ist an Fernwärme angeschlossen. Ausserdem ist jede Wohnung mit einem dezentralen Lüfter mit Wärmerückgewinnung ausgestattet.
© Baugeschichtliches Archiv Zürich.